Ortsgruppe Friedrichshafen
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Ortsgruppe Friedrichshafen
 (BUND Friedrichshafen, B.W.)

Erste Orchideen wieder angesiedelt!

Im Frühjahr 2020 blühten zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder zwei Knabenkräuter (Breitblättriges Knabenkraut = Dactylorhiza majalis) im Oberesch.

Offensichtlich hat unsere langjährige Pflege die Bedingungen so weit verbessert, dass diese Orchideen sich von selbst hier ansiedeln konnten.

 (BUND FN, B.W.)

Das FND (Flächenhaftes Naturdenkmal) "Oberesch" (seit 1993 geschützt) ist nur klein, aber durch seinen Blütenreichtum wertvoll. Das Gebiet ist außerdem als Biotop 8222-435-1620 "Feuchtgebiet "Oberesch" nördlich Weiler" mit einer besonderen Hochstaudenflur quelliger und sumpfiger Standorte kartiert.

Folgende geschützte Arten wurden 1986 festgestellt:
Ophioglossum vulgatum - Natternzunge
Gymnadenia conopea - Mückenhändelwurz
Dactylorhiza majalis - Breitblättriges Knabenkraut
Listera ovata - Großes Zweiblatt
Epipactis palustris - Sumpf-Stendelwurz 

Leider sind diese Pflanzen inzwischen verschwunden, aber das sich vermehrende Pfeifengras zeigt, dass Chancen auf eine Wiederansiedlung der Orchideen und des Natternzungen-Farns bestehen.

Dost, (BUND FN, B.W.)

Gründe für das Verschwinden der seltenen Pflanzen sind vermutlich

  • eine zunehmende Austrocknung des Gebietes u.a. durch eine massive Eintiefung des Grabens, der zur Entwässerung der angrenzenden Wiese dient, aber auch das Wasser aus dem "Oberesch" abzieht.

  • Dazu kommt der düngende Stickstoffeintrag aus der Luft (Auto- und andere Abgase). Als Folge davon nimmt der Bestand von Mädesüß, Blutweiderich und Brombeere stark zu.

Trotzdem ist das "Oberesch" noch ein wertvoller Lebensraum. Im Sommer bietet es durch seine zahlreichen blühenden Hochstauden Nahrung für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge usw.
Diese Insekten haben es in der intensiv genutzten Agrarlandschaft schwer, Nektar und Pollen zu finden. Schmetterlingsraupen brauchen auch "Unkraut" wie z.B. Brennnesseln, um sich zu einem Falter entwickeln zu können.

Foto: B. Schmidt

Um die Lebensbedingungen für seltene Pflanzen zu verbessern und damit ihre Rückkehr zu ermöglichen, haben wir mehrere Maßnahmen ergriffen:

  • Zur Vernässung haben wir einen Teil des Grabenwassers auf unsere Fläche geleitet (Danke für die Mithilfe der FÖJler der städtischen Umweltabteilung) und den Graben im Unterlauf an einigen Stellen aufgestaut. Er wird vom Besitzer der Fläche nicht mehr geräumt, sodass er langsam zuwächst und damit weinger Wasser aus dem Boden abzieht.

  • Um das Zuwachsen mit Büschen zu verhindern und den Stickstoffeintrag auszugleichen, wird die Fläche jedes Jahr gemäht z.T.  mit dem Balkenmäher (Maschinenring), z.T. mit dem Freischneider (durch uns). Das Schnittgut muss anschließend von Hand hinaus getragen oder mit einer Plane hinaus geschleift werden.

  • Größere Artenvielfalt

    Trotz jahrelanger Ausmagerung durch mähen und abräumen haben sich bisher außer dem Kanbenkraut (s.o.) noch keine neuen Pflanzenarten eingefunden. Da die nächsten Feuchtgebiete zu weit entfernt liegen,  als dass von dort Samen von selbst ins Oberesch finden, haben wir im Sommer  und Herbst 2020 in der Nähe von Krehenberg und von Eggenweiler Saatgut gesammelt, das wir dann im Spätherbst 2020 im Oberesch ausgesät haben.
Gesammelte Samen      
Teufelsabbiss Succisa pratensis Vergissmeinnicht Myosoitis palustris
Knabenkraut Dactylorhiza spec. Sumpf-Stendelwurz Epipactis palustris
Roter Storchschnabel Geranium sanguinea Sumpfdotterblume Caltha palustris
Sibirische Iris Iris sibirica Sumpfschwertlilie Iris pseudacorus
Zottiges Weidenröschen Epilobium hirsutum Sumpf-Weidenröschen Epilobium palustre
Akeleiblättrige Wiesenraute Thalictrum aquilegifolium Blutwurz Potentilla erecta
Sumpf-Kratzdistel Cirsium palustre Bach-Kratzdistel Cirsium rivale
Kohldistel Cirsium oleraceum Kuckuckslichtnelke Lychnis flos-cuculi
Wasserminze Mentha aquatica Rossminze Mentha longifolia
Flügel-Johanniskraut Hypericum tetrapterum Engelwurz Angelica sylvestris
verschiedene Binsenarten Juncus spec. verschiedene Kleinseggen-Arten Carex spec.
 (BUND FN, B.W.)

Ein Teil der Samen wurde auch versuchsweise in Blumentöpfe gesät und die Keimlinge zuhause oder im eigenen Garten vorgezogen. Im Sommer 2021 wurden sie in die Feuchtwiese "ausgewildert".

Wir haben die Samen versuchsweise in verschiedenen Erden ausgesät. Normale Aussaaterde erwies sich als gut geeignet, außer bei den Orchideensamen. Die Samen brauchten teilweise sehr lang zum keimen, aber bis Juli waren fast alle Arten gekeimt und teilweise zu stattlichen Setzlingen heran gewachsen.
Nicht gekeimt sind bisher (Juli 2021) die Orchideen und der Storchschnabel, nur ganz wenige Exemplare kamen bei Sumpf- und Bachdistel, Vergissmeinnicht, Blutwurz und Engelwurz.

 (BUND FN, B.W.)

"Auswilderungsaktion" unserer Setzlinge in der Feuchtwiese.

Wir hoffen, dass die Schnecken einige der keimenden oder gesetzten Pflänzchen am Leben lassen und freuen uns auf die zunehmende Artenvielfalt in den kommenden Jahren.